1994 beschloß die CDU Deutschlands auf ihrem Parteitag in Hamburg ein Grundsatzprogramm, das nach dem Fall der Mauer und dem Niedergang des Kommunismus den eigenen Standort und die Aufgaben für die Zukunft ausweisen sollte. Vorausgegangen waren intensive Diskussionen in den Parteigliederungen und hunderte von Anträgen auf dem Parteitag selbst. Nachfolgend findet sich ein Auszug aus dem ersten Kapitel des Grundsatzprogramms, in dem das eigene Selbstverständnis umrissen wird. Man muß wissen, dass Grundsatzprogramme - wie der Name schon sagt - auf längere Zeiträume und generelle Themen ausgerichtet sind. Konkretere Forderungen werden dann durch Wahl- oder Handlungsprogramme aufgestellt.
Die Christlich Demokratische Union Deutschlands ist eine Volkspartei. Sie wendet sich an alle Menschen in allen Schichten und Gruppen unseres Landes. Unsere Politik beruht auf dem christlichen Verständnis vom Menschen und seiner Verantwortung vor Gott. Für uns ist der Mensch Geschöpf Gottes und nicht das letzte Maß aller Dinge. Wir wissen um die Fehlbarkeit des Menschen und die Grenzen politischen Handelns. Gleichwohl sind wir davon überzeugt, daß der Mensch zur ethisch verantwortlichen Gestaltung der Welt berufen und befähigt ist.
Wir wissen, daß sich aus christlichem Glauben kein bestimmtes politisches Programm ableiten läßt. Aber das christliche Verständnis vom Menschen gibt uns eine ethische Grundlage für verantwortliche Politik. Aus der Berufung auf christliche Überzeugungen folgt für uns nicht der Anspruch, nur innerhalb der Christlich Demokratischen Union sei Politik aus christlicher Verantwortung gestaltbar. Die CDU ist für jeden offen, der die Würde und Freiheit aller Menschen und die daraus abgeleiteten Grundüberzeugungen unserer Politik bejaht. Dies ist die Grundlage für das gemeinsame Handeln von Christen und Nichtchristen in der CDU.
Die Christlich Demokratische Union Deutschlands wurde von Menschen gegründet, die nach dem Scheitern der Weimarer Republik, den Verbrechen des Nationalsozialismus und angesichts des kommunistischen Herrschaftsanspruchs nach 1945 die Zukunft Deutschlands mit einer christlich geprägten, überkonfessionellen Volkspartei gestalten wollten. Konrad Adenauer und Ludwig Erhard, Jakob Kaiser und Helene Weber, Andreas Hermes und Gebhard Müller, Hermann Ehlers, Eugen Gerstenmaier und Karl Arnold, Elisabeth Schwarzhaupt und Heinrich von Brentano haben gemeinsam mit vielen anderen die CDU geprägt und eine christlich-demokratische Tradition in Deutschland gegründet. So entstand eine neue Volkspartei, in der sich katholische und evangelische Christen, Konservative, Liberale und Christlich-Soziale, Frauen und Männer aus verschiedenen Regionen, aus allen sozialen Schichten und demokratischen Traditionen zusammenfanden. Die CDU hat damit einen neuen Anfang in der deutschen Parteiengeschichte gesetzt. Ihre geistigen und politischen Wurzeln liegen im christlich motivierten Widerstand gegen das nationalsozialistische Terrorregime, in der Sozialethik der christlichen Kirchen und in der liberalen Tradition der europäischen Aufklärung."
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